Belgien

Ronse und Tyne Cot Cemetry

Heute stand Flandern auf dem Programm. Wir besuchen das ca. eineinhalb Stunden entfernte Ronse, wo Hugo aufgewachsen ist. Zur Überraschung hat er uns eine tolle Privatführung organisiert. Unser Guide Joris erwartet uns in der Infostelle, die in einem gut erhaltenen historischen Gebäude untergebracht ist und auf dem ‘Hoge Mote’ liegt –  umgeben von Wasser. Die daneben liegende ‘Tiefe Mote’ liegt zwar höher, aber ich habe munkeln gehört, dass man die Einwohner von Ronse auch ‘Zots von Ronse’ nennt (übersetzt Narr oder Dummkopf). Es kamen schliesslich jahrhundertelang Pilger hierher, die sich von geistigen und nervlichen Leiden heilen lassen wollten.

Bis zur Französischen Revolution im Jahre 1798 gab es mitten in Ronse eine darin eingebettete Enklave ‘De Vrijheid’. Das Zentrum der Mini-Enklave befand sich rund um die Basilika Sint Hermes und hatte eigene Gesetze und Regeln. In ‘De Vrijheid’ befanden sich gleich 3 Kirchen in unmittelbarer Nähe. Die Sint Martinuskerk, in der heute mehrere Restaurants untergebracht sind; die Sint Pieterskerk, von der man wieder den Standort erkennen kann, da ein Teil der Grundmauern in den 50-60er Jahren im ursprünglichen Rahmen wieder errichtet wurde. Und schliesslich die unmittelbar dahinterliegende Sint Hermes Kirche. Sie  ist die Eindrücklichste. Sie wurde gegründet, nachdem die Reliquien des Heiligen Hermes im Schrein an diesen Platz gebracht wurden. 1089 war es ein prachtvoller Bau. Seither ist sie zweimal eingestürzt, das erste Mal 1256, das zweite Mal 1559 (wahrscheinlich nach einem Dorfbrand). Die verschiedenen Epochen kann man in der Krypta am Gewölbe erkennen. Ursprünglich wurden grobe Steine verwendet, danach Backsteine und schliesslich erkennt man an den Verzierungen den späten Barockstil. Nach dem Brand wurde die Krypta zusätzlich erweitert. Seither ist sie die Grösste auf Europas Festland. Seit dem Überführen der Reliquien des Sint Hermes (Schutzpatron der Geistes- und Nervenkranken) kamen Pilger in die Kirche, um sich heilen zu lassen. Wie man daraus ein Geschäft machen kann, musste man den Klerus nicht lehren. Die Kirche wurde 2019 vom Papst zur Basilika erhoben. Weitere Infos  https://de.wikipedia.org/wiki/Basilika_St._Hermes

Gegen Mittag verlassen wir Ronse Richtung Tyne Cot Friedhof. Unterwegs ein Halt in einer der zahlreichen Frittenbuden. Ein Muss eines jeden Belgienbesuchs. Danach sind wir gestärkt und auf dem Weg in ein trauriges Kapitel.

Wir besuchen den Tyne Cote Friedhof in Passendale in Flandern. Die Flandernkriege während des Ersten Weltkriegs (1914–1918) waren verheerende Schlachten an der Westfront, besonders in dieser Region. Die Gesamtzahl der Gefallenen wird auf über 1 Million geschätzt. Besonders grausam war der Einsatz von Giftgas wie Chlorgas und Senfgas, das zu qualvollen Erstickungstoden führte. Die Region wurde stark zerstört. Städte lagen in Trümmern, Felder und Dörfer verwandelten sich in Schlammwüsten. In der Dritten Flandernschlacht in Passendale 1917 starben täglich bis zu 10’000 Soldaten. Die Flandernschlachten stehen bis heute als Sinnbild für die Grausamkeit des Krieges.

Wir kehren zurück nach Rupelmonde. Am Abend zu einem versöhnenden, schöneren Kapitel: Einem sensationellen Essen in Belsele in der Brasserie Saveur – mmmh. Vielen Dank.